Adventskalender 2017 Türchen 1 Lösung + Gewinner

Drei Minuten an einem Abend im Advent

„Vorweihnachtszeit, oh, was für ein Stress, da muss ich doch gleich durch vier Chorproben in dieser Woche!“, so neulich eine Freundin aus München, „ich singe doch in zwei Chören gleichzeitig, oh meih, oh meih …!“.
„Wenn du nur wüsstest“, dachte ich bei mir. Und folgende – wahre – Geschichte fiel mir wieder ein:

Göttingen war direkt nach der Schule mein Fluchtpunkt: raus, weg von zuhause. Endlich leben, endlich was erleben. Neuanfang, Hochstimmung.
Göttingen an sich blieb da eher gelassen, unbeeindruckt. Vielfach geprüft begnügte sich diese alt-ehrwürdige Universitätsstadt wieder einmal mit der ihr angestammten und bestens vertrauten Rolle: des Zuschauers eines weiteren klassisch verlotterten Studentenlebens.

Zu erleben gab es jedoch genug in dieser Zeit. Wir, das waren Freunde, die genauso dachten wie ich, lebten natürlich auf dem Land. Die Verweigerung hatte hier ihre Adresse. Und in der Gemeinschaft Gleichgesinnter den Raum, wo alles anders und besser laufen sollte. Zumindest bis zum Einbruch der Dunkelheit. Danach zog es uns Landeier dann doch wieder dahin, wo die zutiefst verachteten Bürger tagsüber ihren Geschäften nachgingen.

Einer unserer Treffpunkte in der Göttinger Innenstadt war ein Programm-Kino, ein ziemlich links angehauchter Rausch in Celluloid. Jeden Abend führte hier ein anderer französischer oder italienischer Regisseur die Dekadenz der Bourgeoisie vor. Es war für viele der Kinobesucher so eine Art Tankstelle: zum Aufladen von Hass und Verachtung gegenüber der bürgerlichen Gesellschaft und um die eigene Haltung bestätigt zu finden.

Ich erinnere mich noch genau an einen solchen Abend, kurz vor Weihnachten. Ich war an diesem Abend allein im Kino gewesen. Gegen viertel nach zehn fand ich mich nach der Vorstellung draußen auf dem kleinen Platz vor dem Kino-Eingang wieder.
Die alte Heizung im Kino-Saal hatte erneut ihr Bestes gegeben, die muffige Wärme einmal mehr meine aufrührerischen Phantasien angeheizt. Und jetzt diese Eises-Kälte. Aber das tat gut. Hilfreich, um wieder in der Gegenwart anzukommen.

Bedrückender als hier konnte die allerdings kaum sein: direkt nebendran, nicht einmal fünf Schritte entfernt: eine bedrohlich wirkende, unheimlich in die Nacht aufragende riesige Quaderstein-Wand – das Seitenschiff der Nikolaikirche. Im Laternenlicht nass glänzende schwarz-braune Steine. Nur weg von hier – kalt, duster, ungemütlich. Ein Schneeflöckchen bahnt sich einsam den Weg durch die Nacht

Irgendwas an dieser sonst so vertrauten Szenerie war aber anders an diesem Abend. Die Atmosphäre war anders, irgendwie aufgeladen, vibrierend. Aus der Kirche tönte Undefinierbares, Gesang vermutlich. So spät? Schon halb im Weggehen und in Gedanken immer noch im Film konnte ich der Versuchung doch nicht widerstehen zu schauen. Was war da los?

Schon hantierte ich an der klobig-schweren Eichentüre, an der ich so oft achtlos vorbei gelaufen war. Der Vorraum war völlig überfüllt mit Menschen. Aus den offenen Durchgängen schallte Chorgesang. Mit einer Energie, die ich sonst nicht von mir kannte – wahrscheinlich schob da noch der Impuls des xy-Filmhelden nach – drängte ich mich nach vorne, durch den Vorraum hindurch bis in den hinteren Teil des Kirchenschiffs. Hier war dann Schluss, einfach zu viele Menschen. Außerdem begannen hier die Bankreihen. An der Innenseite der hintersten Säule fand ich noch ein kleines Fleckchen Platz weil man von hier aus nicht viel sehen aber hören konnte.

Jetzt konnte ich doch auch bis ganz nach vorn sehen und dort den Chor erkennen: die Männer in schwarz, die Frauen in weiß darüber, in fünf oder sechs Reihen auf einem monumentalen Holzgerüst. Davor das Orchester.

 

Was ich in dem Moment nur wahrnahm: die Orchestermusik, ein Stück mit Streichern, Pauken, Querflöten, Klarinetten, Trompeten, eine ganze Klangwelt, die gerade mit größtem Einsatz aus allen Instrumenten gleichzeitig tönte.

Und der Chor, der sang, sang mit der ganzen Freude dessen, der gerade den Durchbruch gefunden hat, den Himmel aufzureißen. Und der Himmel w a r aufgerissen – dieses gewaltige Zusammenspiel der Stimmen, ein Crescendo, das alle Sinne betäubte. Ich hatte jedes Zeitgefühl verloren.

Dann passierte das Wunderbarste, das Überwältigendste und Berührendste, was ich bis dahin erlebt hatte: ein letztes kraftvolles Zusammenklingen des Chores, fanfarenartige Trompetenstöße, ein letzter donnernder Paukenschlag – und dann: absolute Stille, Ewigkeiten und Ewigkeiten währende Stille.

Und etwas von diesem anderen war jetzt spürbar, etwas von seiner gewaltigen Grenzenlosigkeit, von seiner beglückenden Fülle, gleichzeitig ganz zart und fein. Und mir kam es vor, als ob niemand, kein Einziger in diesem Raum, wusste, wo er eigentlich war: im Himmel, in einem anderen Himmel darüber oder doch noch auf der Erde.

Irgendwann, wirklich irgendwann, fing jemand an zu klatschen – fast wie eine Botschaft aus einer anderen, fernen Welt, dann aber im nächsten Moment beinahe mit Erleichterung aufgenommen: denn mit einem Mal riss es alle wie auf ein Kommando aus den Bänken heraus. Nicht eine einzige Stimme erhob sich dabei, kein Laut, keine begeisterten Zurufe.
Dafür ein orkanartiges Branden von Applaus, ein einmütiges, überschwängliches, von stummer Dankbarkeit erfülltes und nicht enden wollendes Bekenntnis zu dieser Anrührung, die noch den Letzten im Raum erreicht hatte.

Der rasende Applaus wollte einfach nicht enden, niemand mochte sich von diesem Augenblick trennen. Erst die Ermüdung durch das Klatschen, das Gefühl für den eigenen Körper, brachte wieder etwas Bodenständiges in die Atmosphäre.

Die Ersten begannen, sich von ihren Plätzen zu lösen, dem Ausgang entgegen. Noch völlig benommen von dem Geschehen ließ ich mich im beginnenden Sog mit treiben.

Im Vorraum wandte ich mich dann dem mir Nächsten zu, der gerade mit nach draußen drängte. Um noch irgendetwas nach hause zu retten, sprach ich ihn an: „Was war denn das hier eigentlich?”

Er schaute mich völlig verdutzt an, fühlte sich ganz offenbar auf den Arm genommen. Gleichzeitig war ihm aber wohl in diesem Moment nicht nach einer Kontroverse zumute. Er murmelte daher – halb widerwillig, für mich jedoch gerade noch verständlich, etwas von „Weihnachtsoratorium”. Ich wusste natürlich nicht, was das war. Außer, dass ich wohl soeben in den Schlusschoral von diesem etwas hinein gestolpert war.

Diese drei Minuten haben mein Leben verändert. Auch heute noch, wenn ich daran denke, laufen mir die Tränen runter. Ich war nicht mehr derselbe wie vorher, konnte es nicht mehr sein, auch wenn ich es gewollt hätte.

Ich machte daraufhin zunächst nichts Neues. Ich hätte auch gar nicht gewusst, was. Ich fing nur an, aufzuhören mit Dingen, die ich bis dahin gewohnheitsmäßig gemacht hatte: dreimal in der Woche ins Kino, jeden Abend in die Kneipe usw. Diese Erfahrung ließ mich irgendwie nicht mehr los.

Sie hat mich nicht nur der klassischen Musik nahe gebracht. Sie hat sozusagen die unvertonbaren Weisen des Himmels in mir anklingen lassen. Und sie hat mich neugierig gemacht auf eine Spur – auf die Spur zu diesem himmlischen Jerusalem, einem Reiseziel, das ich vorher in jedem Katalog mit tiefster Verachtung überblättert hätte.

Lösung: 187

(40 Einsendungen und 5 richtige Lösungen – die Preise wurden zuerst unter den richtigen Lösungen ausgelost und dann die restlichen Handwerksprodukte unter allen Einsendungen verlost)

 

Heute konntet ihr folgendes gewinnen:

1 x Fanseitenitem nach Wahl gewinnt Tamandua

1 x 1 Päckchen Handwerkszutaten nach Wahl gewinnt Starliner

hwp

5 x 1 Karotten-Apfel-Chutney erhält miramant82, LaRabiata, Fanimu, raubkatze1976, M.Malas

5 x 1 rote Bowle wurden verlost an:

TessaJones, Minki76, hadley1956,hanne17, fipskai

Vielen Dank allen die teilgenommen haben und weiterhin viel Spass mit unserem Adventskalender.

Eure Teams von

Farmeramafans und Farmer and Friends

 

3 Antworten zu “Adventskalender 2017 Türchen 1 Lösung + Gewinner”

  1. kettenseger

    03. Dez 2017 - 15:07

    Glückwunsch an die Gewinner
    Ich habe wohl ein paar Zahlen zu viel gefunden.
    Zum Beispiel die eins, die sich in „ein Stress“ finden lässt.

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    • Kubikus

      04. Dez 2017 - 06:57

      die ist mit dabei – die hab ich glaub vergessen zu markieren, da sich der Text farbig nicht kopieren lässt, musste ich das hier im Artikel nochmal alles farbig machen, da kann es schon sein, dass ich das eine oder andere vergessen hab – habs nachgetragen
      (sorry)

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  2. muckel6666

    02. Dez 2017 - 22:39

    0h gott oh gott da war ich aber blind :)

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